Kalenderblatt - Arbeitsamt
4. September 1951 -
Einweihung des Arbeitsamtes in der Zentralstraße
Dann durchschritten die Ehrengäste das neue
Gebäude, in dem alles zweckmäßig und gediegen, aber ohne jeden Luxus
ausgeführt worden ist. Besonders fallen die breiten Korridore und Treppen
auf, die ja oft viele Hunderte von Personen aufnehmen müssen. Im Erdgeschoss
des 'Männerflügels' befindet sich vor allem ein schöner Warteraum mit
Bänken …“
So schilderte die Dewezet das neue Arbeitsamt,
das nach einjähriger Bauzeit in der Zentralstraße als erster Behördenneubau
eingeweiht wurde.
Zuvor war das Arbeitsamt unter äußerst beengten Verhältnissen in der Alten Kaserne an der Deisterstraße untergebracht. Die Betriebsräte sprachen von katastrophalen Zuständen sowohl für die Angestellten als auch für die Arbeitslosen, die unter diesen Bedingungen nicht sorgfältig betreut werden konnten. Die steigende Zahl von Arbeitslosen machte den schon lange geplanten Neubau des Arbeitsamtes unabwendbar. 1949 lag die Arbeitslosenquote bei 13,5 %, jeder sechste Hamelner war arbeitslos. Vor allem der weibliche Anteil, ältere weibliche Angestellte und junge Frauen waren kaum zu vermitteln. Die Schulentlassungen von 2000 Schülern, denen nur 800 Lehrstellen gegenüberstanden, verschärften die Lage noch weiter.
Das neue Arbeitsamt ist ein Entwurf des Baurats Haertel vom
Staatlichen Hochbauamt. Die
Baufirma wurde verpflichtet, bei den
Ausschachtungsarbeiten keine Bagger einzusetzen, sondern den Boden
von Hand ausheben zu lassen, um wenigstens vorübergehend 40 Arbeiter zu
beschäftigen. Entstanden ist ein Bau mit 62 Büroräumen, einem Saal,
Sitzungszimmer, Zahlräumen, Kantine, Garage und zwei Wohnungen. Bis
in die 60er Jahre hinein wurden Männer und Frauen in getrennten
Abteilungen beraten, daher auch die Einteilung in einen 'Männer- und
Frauenflügel'. Der schlichte Bau besteht aus zwei rechtwinklig
zueinander stehenden Bauteilen, von denen der kürzere Teil an der
Zentralstraße steht, der längere Bau erstreckt sich in die Tiefe des
Grundstücks. An seiner Seite befindet sich der Haupteingang, bzw.
damals der Eingang zur Stempelstelle, der an die Seitenfront gelegt
wurde, damit die Schlange der Wartenden genug Platz zum Anstellen hatte.
Nur äußerst sparsam sind einige Bauteile wie Fenster und Eingänge
akzentuiert. An der Hofseite tritt ein Treppenturm halbrund aus der
Gebäudeflucht.
Die schon oben erwähnte freundliche Gestaltung der Räume geht zurück auf Empfehlungen aus den 20er Jahren. In der Fachzeitschrift „Der Arbeitsnachweis in Deutschland“ finden sich folgende Ideen für die Gestaltung der Ämter: „Eben wegen dieser häufigen, aus der Arbeitslosigkeit entstandenen Verstimmung ist eine sorgfältige ausgewählte gediegene Freundlichkeit des Raumes besonders wichtig. Schönheit wirkt beruhigend und befriedigend, und je besser ein Warteraum ausgestattet ist, umso besser pflegen sich auch die Ungesitteten in ihm zu benehmen. Die Bilder ersparen den Hausknecht.“ (Asphalt Juni 2011)
Gleichzeitig mit dem Neubau des Arbeitsamtes entstand ein ganz neues Wohnquartier zwischen der Zentral-, Loh- und Sertürnerstraße, die auf der westlichen Seite mit Reihenhäusern bebaut wurde. Die Eckbebauungen Kaiserstraße / Ecke Lohstraße sowie die heute noch existierenden Flachbauten für Geschäfte und Gastronomie in der Zentralstraße.
1959 hatte sich die Arbeitsmarktlage völlig verändert. Die Arbeitslosenquote war bundesweit auf 1,43 % gesunken, es herrschte Vollbeschäftigung, in vielen Branchen sogar Arbeitskräftemangel. Das Personal des Arbeitsamtes konnte um 42 Beschäftigte auf 133 Personen verringert werden, einige Räume wurden vermietet.
Im Dezember 1981 wurde das neue, nun noch größere Arbeitsamt an der Süntelstraße eingeweiht. Die alten Gebäude an der Zentralstraße werden durch die Polizei genutzt, die inzwischen ebenfalls über unzumutbare Arbeitsbedingungen und einen Sanierungsstau klagt.
Autorin: Dagmar Köhler
Quellen:
Bernhard Gelderblom, die 50er
Jahre in Hameln, Hameln 2008, S.120f.
Bernhard Gelderblom, Joachim
Schween, Hameln Bilder einer Stadt aus acht Jahrhunderten,
Hameln 2004, S.109.
Asphalt, Juni 2011, S.12f.
DWZ, 4.9. 1951.
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