Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
2. Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln
Todesorte 2
2.4 Nach der Verschleppung aus dem Zuchthaus Hameln in andere Strafanstalten
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Kreugiel, Josef
Pole, wurde am 20. Januar 1903 in Sienec im Kreis Wielun geboren. Der Arbeiter wohnte in Piskornik im Kreis Wielun. Er war zuletzt in Bühren im Oldenburger Land im Arbeitseinsatz.
Am 18. September 1943 wegen „deutschfeindlicher Äußerung“ nach „Kriegssonderstrafrecht“ zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt, musste Josef Kreugiel das erste Jahr seiner Strafzeit im Zuchthaus Celle verbringen.
Am 8. August 1944 wurde er mit einem Transport von 100 Gefangenen in das Zuchthaus Hameln verlegt.
Wie die Mehrzahl der Transportteilnehmer kam Josef Kreugiel in das neu eingerichtete Zuchthaus-Außenlager Holzen zum mörderischen Arbeitseinsatz; diesen überlebten mindestens 36 Mann der Erstbelegung nicht lange. Noch im August und auch im September erkrankte Josef Kreugiel, so dass er vermutlich Ende 1944 zurück nach Hameln gebracht wurde.
Kreugiel gehörte einem knapp 20köpfigen Transport vor allem vormaliger Celler Häftlinge an, der am 18. Januar 1945 zum Zuchthaus Celle abging.
Josef Kreugiel starb am 23. März 1945 im Zuchthaus Celle, vermutlich infolge der erlittenen Strapazen.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Celle
Legal, Louis
Belgier, wurde am 18. Februar 1920 in Brüssel geboren. Der Kaufmann wohnte in Brüssel-Anderlecht, rue Otlet 61.
Louis Legal war seit 1. Juli 1941 Mitglied der „groupe grenadier“, einer Vorläufergruppe der „armée secrète“, der größten, konservativen Widerstandsorganisation Belgiens. Am 16. Oktober 1941 nahm ihn die Geheime Feldpolizei mit anderen Gruppenmitgliedern fest und lieferte ihn in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles ein.
1942, womöglich schon im Januar, wurde Louis Legal heimlich „bei Nacht und Nebel“ nach Deutschland in das Gestapo-Gefängnis Brauweiler bei Köln verschleppt, wo er wie andere NN-Gefangene vermutlich über Monate der Gewalt der Gestapo ausgeliefert war. Im Oktober 1942 kam er in das Gefängnis Bochum.
Am 22. Mai 1943 wurde Louis Legal mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus Bochum in das Zuchthaus Hameln verbracht. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 19. Januar 1944 wurde Louis Legal in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, verschleppt.
Damit teilte er das Schicksal von mehr als 50 Männern des NN-Transportes vom 22. Mai 1943, die zumeist Anfang 1944 von Hameln nach Esterwegen kamen.
In Esterwegen wird Louis Legal vor dem vor Ort tagenden Sondergericht Essen gestanden haben. Es verurteilte ihn zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
Im April 1944 wurde Louis Legal wie andere belgische Lagerinsassen in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg deportiert. Dort mussten zwischen 1942 und 1945 über 1500 strikt isolierte NN-Häftlinge überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten.
Als die deutsche Justiz die NN-Gefangenen im Herbst 1944 vermehrt an die Gestapo auslieferte und die Rote Armee näher rückte, wurde Louis Legal zusammen mit vielen anderen Sonnenburger Gefangenen im November 1944 in das KZ Sachsenhausen verschleppt und von dort weiter in das KZ Buchenwald (im Januar 1945?).
Zuletzt (im Februar 1945?) wurde Louis Legal auf einen Todestransport in das KZ Mauthausen in Österreich gezwungen, den er nicht lange überlebte.
Nach der Befreiung des KZ durch US-Truppen am 6. Mai 1945 kam Louis Legal in ein Salzburger Krankenhaus.
Louis Legal starb am 21. Juni 1945 in Salzburg.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Sonnenburg
Lestarquit, Louis
Belgier, wurde am 17. November 1906 in Vaulx bei Tournai in der wallonischen Provinz Hainaut (Hennegau) geboren. Der Verwaltungsdirektor und Armee-Offizier wohnte in Tournai, chaussee de Bruxelles 27.
Louis Lestarquit war Mitglied der königstreuen „Légion Belge“, die 1944 in der „armée secrète“, der größten, konservativen Widerstandsorganisation Belgiens, aufging. Wegen seiner Aktivitäten gegen die deutsche Besatzungsmacht wurde er am 22. Juni 1942 am Bahnhof von Mons mit mehreren Mitstreitern aus Tournai „bei Nacht und Nebel“ festgenommen.
Diese durchliefen ganz oder teils dieselben Stationen der Gefangenschaft und überlebten nicht (s. Namensartikel Duesberg, Parent, Wauters und Zavaro).
Die Geheime Feldpolizei brachte Louis Lestarquit gleichentags noch am selben Tag in das deutsche Wehrmachtsgefängnis in Loos-lez-Lille im nahen Frankreich. Über das zentrale Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles wurde Louis Lestarquit im August 1943 heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Essen verschleppt.
Hier dürfte der Staatsanwalt des vor Ort tagenden „Volksgerichtshofes“ Berlin im Rahmen eines Sammelverfahrens Anklage erhoben haben. Über einen etwaigen Prozess ist jedoch nichts bekannt.
Die Tatvorwürfe müssen gravierend gewesen sein, denn das höchste NS-Gericht zog nur „schwere Fälle“ der NN-Verfahren an sich.
Louis Lestarquit gehörte zu einem Sammeltransport von zehn NN-Gefangenen, der am 8. September 1943 in Hameln eintraf, unter ihnen André Duesberg, Octave Parent, Etienne Wauters und Emile Zavaro, die mit ihm verhaftet und verurteilt worden waren. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 29. April 1944 wurde Louis Lestarquit zusammen mit knapp 70 Belgiern und Franzosen in das von alliierten Bomben nicht bedrohte Zuchthaus Groß Strehlitz in Oberschlesien weiterverlegt, den zentralen Zielort für NN-Verschleppte seit Frühjahr 1944 und bis zur Deportation in KZs im Herbst 1944.
Mit Räumung dieses Zuchthaus am 30. Oktober 1944 vor der herannahenden Roten Armee wurde Louis Lestarquit auf einen mörderischen Todesmarsch zum KZ Groß Rosen in Niederschlesien gezwungen, dem Hunderte seiner vornehmlich belgischen Leidensgenossen zum Opfer fielen, darunter auch die vier oben genannten.
Louis Lestarquit starb am 6. Februar 1945 im KZ Groß Rosen.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Groß Strehlitz
Levens, Francois
Belgier, wurde am 20. November 1923 in Macinelle bei Charleroi geboren. Der Eisenbahner wohnte in Montignies bei Charleroi, rue Francois Renoreu 83.
Als Widerstandskämpfer vermutlich 1942 bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und zunächst in den Gefängnissen von Charleroi und St. Gilles festgehalten, wurde Francois Levens heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam Levens mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus Bochum in das Zuchthaus Hameln.
Drei Monate später, am 18. August, wurde Francois Levens mit zwei anderen Eisenbahnern aus Charleroi, Marcel Creusiaux und Raoul Toutin, in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager der Justiz im Emsland, gebracht, um vom dort tagenden Berliner „Volksgerichtshof“ wegen Spionage und Sabotage zum Tode verurteilt zu werden.
Am 16. September 1943 wurde Francois Levens zusammen mit den Todeskandidaten Creusiaux und Toutin in das Gefängnis Dortmund überstellt, in dem sich eine Hinrichtungsstätte befand.
Dort wurde Francois Levens am 18. Oktober 1943 mit dem Fallbeil getötet.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Dortmund
Litthauer, Heinrich
wurde am 6. Dezember 1883 in Schwetz in Westpreußen geboren. Der Kaufmann, der jüdischen Glaubens war, wohnte in Berlin, Hohenstaufenstr. 30.
Am 19. April 1941 wegen „Rassenschande“ verurteilt, verbrachte Heinrich Litthauer die ersten acht Monate seiner Gefangenschaft im Zuchthaus Brandenburg.
Am 21. Dezember 1941 kam Heinrich Litthauer mit einem mehr als 20köpfigen Sammeltransport, darunter acht Männer jüdischen Glaubens, in das Zuchthaus Hameln.
Nach knapp einem Jahr, am 13. November 1942, wurde Litthauer mit zwölf ehemaligen Brandenburg-Häftlingen jüdischen Glaubens in das Zuchthaus Celle weiterverlegt. Sie sollten 1943 der Gestapo ausgeliefert und nach Auschwitz oder ein anderes KZ verschleppt werden. Litthauer sollte dem KZ Buchenwald „zugeführt“ werden.
Heinrich Litthauer starb jedoch vor seinem Abtransport am 19. April 1943 im Zuchthaus-Lazarett Celle.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Celle