Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
2. Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln
Todesorte 2
2.4 Nach der Verschleppung aus dem Zuchthaus Hameln in andere Strafanstalten
Seite 20 von 34 Seiten - 170 Einträge
Lizin, Charles
Belgier, wurde am 1. Februar 1920 in Huy in der Provinz Lüttich geboren. Der Postbeamte wohnte in Brüssel-St. Josse, rue de Beriot 56.
Als Widerstandskämpfer im Februar 1942 verhaftet und zunächst vermutlich in einem deutschen Wehrmachtsgefängnis in Belgien festgehalten, wurde Charles Lizin vor September 1942 heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Essen verschleppt.
Das Sondergericht Essen verurteilte ihn am 17. September 1942 wegen „bolschewistischer Umtriebe“ zu sechs Jahren Zuchthaus.
Zur „Strafverbüßung“ wurde Charles Lizin am 13. Januar 1943 zunächst in das Zuchthaus Hameln überstellt. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Charles Lizin am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg überführt. Dort mussten zwischen 1942 und 1945 über 1500 strikt isolierte NN-Häftlinge überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten.
Als die deutsche Justiz die NN-Gefangenen im Herbst 1944 an die Gestapo auslieferte und die Ostfront näher rückte, dürfte Charles Lizin in das KZ Sachsenhausen verschleppt worden sein.
Charles Lizin ist im KZ Sachsenhausen „verschollen“. Der Tag seines Todes ist somit nicht bekannt.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Sonnenburg
Maenhout, Joris
Belgier, wurde am 14. Juli 1917 in Lovendegem bei Gent geboren. Der Student wohnte in Gent, Chaussee d´Oudenaarde 12.
Joris Maenhout war Mitglied einer Vorläufergruppe der „armée secrète“, der größten, konservativen Widerstandsorganisation Belgiens. Am 25. Oktober 1942 verhaftete ihn die deutsche „Sicherheitspolizei“ (SiPo-SD) bei „Nacht und Nebel“ und sperrte ihn in das deutsche Wehrmachtsgefängnis Gent. Am 2. Januar 1943 wurde Joris Maenhout heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam Joris Maenhout mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen für drei Monate in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 25. August 1943 wurde Joris Maenhout in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, verschleppt.
Damit teilte er das Schicksal von mehr als 50 Männern des NN-Transportes vom 22. Mai 1943, die zumeist Anfang 1944 von Hameln nach Esterwegen kamen.
Spätestens jetzt dürfte Joris Maenhout vom vor Ort tagenden Sondergericht Essen zu einer empfindlichen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Näheres ist nicht bekannt.
Von Esterwegen wurde Joris Maenhout in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg deportiert. Dort gehörte er zu den über 1500 NN-Häftlingen, die zwischen 1942 und 1945 in Isolationshaft gehalten wurden und überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten mussten.
Joris Maenhout starb Ende Mai 1944 im Zuchthaus Sonnenburg.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Sonnenburg
Maffei, Octave
Belgier, wurde am 26. Dezember 1872 in Brüssel-Schaerbeek geboren. Der Professor wohnte in Brüssel, rue de Livourne 42.
Octave Maffei war als Widerstandskämpfer an der Beschaffung oder Verwaltung von Geldmitteln für Sabotageaktionen beteiligt. Die Geheime Feldpolizei nahm ihn am 13. Mai 1942 in seiner Wohnung bei „Nacht und Nebel“ fest und dürfte ihn zunächst in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles gesperrt haben.
Am 19. September 1942 wurde Octave Maffei heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam Octave Maffei mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 29. April 1944 wurde Octave Maffei zusammen mit knapp 70 Belgiern und Franzosen in das von alliierten Bomben nicht bedrohte Zuchthaus Groß Strehlitz in Oberschlesien weiterverlegt, den zentralen Zielort für NN-Verschleppte seit Frühjahr 1944 und bis zur Deportation in KZs im Herbst 1944.
Mit Räumung dieses Zuchthauses am 30. Oktober 1944 vor der herannahenden Roten Armee wurde Octave Maffei auf einen mörderischen Todesmarsch zum KZ Groß Rosen in Niederschlesien gezwungen, dem Hunderte seiner zumeist belgischen Leidensgenossen zum Opfer fielen.
Als das KZ bis Anfang Februar ebenfalls geräumt wurde, musste der inzwischen 72 Jahre alte Mann einen Todesmarsch Richtung Westen mitmachen, der im KZ Bergen-Belsen sein Ende fand.
Octave Maffei starb am 20. Februar 1945 im KZ Bergen-Belsen, sicherlich an den Folgen der erlittenen Strapazen.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Groß Strehlitz
Mahnke, Willy
wurde am 28. August 1901 in Alt Jabel im Kreis Ludwigslust geboren. Der Landarbeiter wohnte in Hamburg, Eckernförderstr. 86.
Am 12. Juli 1943 nach „Kriegssonderstrafrecht“ zu einer hohen Freiheitsstrafe verurteilt, musste Willy Mahnke das erste Jahr seiner Strafzeit im Zuchthaus Celle verbringen.
Am 8. August 1944 wurde er mit einem Transport von 100 Gefangenen in das Zuchthaus Hameln verlegt.
Wie die Mehrzahl der Transportteilnehmer kam Willy Mahnke in das neu eingerichtete Zuchthaus-Außenlager Holzen zum mörderischen Arbeitseinsatz; diesen überlebten mindestens 36 Mann der Erstbelegung nicht lange. Im September erkrankte Willy Mahnke, so dass er vermutlich bald zurück nach Hameln gebracht wurde.
Willy Mahnke gehörte einem 10köpfigen Transport vormaliger Celler Häftlinge an, der am 22. Januar 1945 zum Zuchthaus Celle abging.
Willy Mahnke starb am 6. April 1945 im Zuchthaus Celle, womöglich infolge der im Außenlager Holzen erlittenen Strapazen.
Er wurde auf dem Waldfriedhof Celle bestattet.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Celle
Mallit, Gustave
Belgier, wurde am 1. Juli 1891 in Wavre, Wallonisch-Brabant, geboren. Der Friseur wohnte in Wavre, Place-du-Sablon 12. Er war verwitwet und hatte zwei Kinder.
Gustave Mallit wurde am 16. November 1941 wegen Beherbergung von untergetauchten Widerstandskämpfern von der Geheimen Feldpolizei verhaftet, offenbar zusammen mit Robert Tilman (s. dessen Namensartikel), und zunächst in das deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles gesperrt.
Am 30. Januar 1942 wurde er bei „Nacht und Nebel“ heimlich nach Deutschland in das Gestapo-Gefängnis Brauweiler bei Köln verschleppt. Nach über acht Monaten in der Gewalt der Gestapo kam Gustave Mallit am 17. Oktober 1942 in das Gefängnis Bochum.
Am 22. Mai 1943 gelangte Gustave Mallit mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 2. Februar 1944 wurde Gustave Mallit in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, verschleppt (wie auch Robert Tilman).
Während viele belgische NN-Gefangene aus Hameln und Esterwegen über die Zuchthäuser Groß Strehlitz/Oberschlesien oder Sonnenburg/Ostbrandenburg Ende 1944 in KZs deportiert wurden, lieferte die Justiz Gustave Mallit am 24. September 1944 direkt an die Gestapo aus, die ihn über das Gefängnis Lingen in das KZ Sachsenhausen und von dort am 6. Januar 1945 weiter in das KZ Buchenwald verschleppte.
Gustave Mallit starb am 19. April 1945 in Buchenwald, eine Woche nach der Befreiung durch US-Truppen.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Esterwegen