Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
 

 
 
Duesberg, André-Marie

Belgier, wurde am 5. August 1902 in Aubel, Provinz Hainaut (Hennegau), geboren. Der Benediktinermönch lebte in der Abtei Maredsous, Gemeinde Anhée-Denée, in der wallonischen Provinz Namur. Als Geistlicher führte er den Namen „Dom Daniel“.
Zugleich Leutnant der belgischen Armee gehörte André Duesberg zu den Offizieren, die nach der Okkupation durch NS-Deutschland 1940 sogleich in den Widerstand gingen, indem sie die königstreue „Légion Belge“ gründeten, einen Vorläufer der „armée secrète“ („A.S.“). Die „geheime Armee“ war die größte, konservative Widerstandsorganisation Belgiens.
Als Chef der „Legion“ in der wallonischen Provinz Hainaut war André Duesberg am Aufbau eines geheimen Nachrichtennetzes im Hainaut maßgeblich beteiligt.
Seine besondere Führungsrolle als Militär und als Geistlicher brachte André Duesberg die Kennzeichnung als „Mönch unter Waffen“ ein (so vorgestellt in der KZ-Gedenkstätte Breendonk/Belgien).
Wohl aufgrund von Verrat wurden André Duesberg und mehrere seiner Mitstreiter am 22. Juni 1942 in der Nähe von Mons verhaftet (einige durchliefen ganz oder teils dieselben Stationen der Gefangenschaft und überlebten nicht, s. Namensartikel Lestarquit, Parent, Wauters und Zavaro).
Die Geheime Feldpolizei brachte André Duesberg noch am selben Tag in das deutsche Wehrmachtsgefängnis in Loos-lez-Lille, auf der französischen Seite der Grenze gelegen, und am 8. August 1942 für ein halbes Jahr in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles. Hier war es ihm als katholischem Geistlichem möglich, Andachten abzuhalten.
Aus St. Gilles wurde André Duesberg am 16. Februar 1943 in das KZ Breendonk verschleppt, das einzige KZ auf belgischem Boden, das die deutsche Besatzungsmacht bei Mechelen errichtet hatte. An In diesem größten Schreckensort Belgiens musste er – abgesehen von zwei kurzen Transporten ins Wehrmachtsgefängnis Charleroi – ein halbes Jahr bleiben.
Am 14. August 1943 kam André Duesberg zurück in das Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles, nur um nach einer Woche, am 21. August 1943, heimlich, „bei Nacht und Nebel“, nach Deutschland in das Gefängnis Essen verschleppt zu werden.
Hier dürfte der Staatsanwalt des vor Ort tagenden „Volksgerichtshofes“ Berlin im Rahmen eines Sammelverfahrens Anklage gegen André Duesberg erhoben haben. Jedoch ist über einen etwaigen Prozess nichts bekannt. Von der Zuständigkeit des höchsten NS-Gerichts, das nur besonders „schwere Fälle“ der NN-Verfahren an sich zog, ist angesichts von Duesbergs führender Position im Widerstand auszugehen.
André Duesberg gehörte zu einem Sammeltransport von zehn NN-Gefangenen, der am 8. September 1943 in Hameln eintraf, unter ihnen auch Louis Lestarquit, Octave Parent, Etienne Wauters und Emile Zavaro.
Wie für NN-Gefangene allgemein angeordnet, hätte André Duesberg in Hameln in strenger Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot sitzen müssen. Trotzdem soll geduldet worden sein, dass ihn – und andere Geistliche – der katholische Gefängnispfarrer seelsorgerisch betreute.
Am 29. April 1944 wurde André Duesberg zusammen mit knapp 70 Belgiern und Franzosen des genannten Transports in das von alliierten Bomben nicht bedrohte Zuchthaus Groß Strehlitz in Oberschlesien weiterverlegt, den zentralen Zielort für NN-Verschleppte seit Frühjahr 1944 und bis zur Deportation in KZs im Herbst 1944.
André Duesberg kam umgehend in das Zuchthaus-Außenlager Blechhammer. Dort musste er Schwerstarbeit wie z. B Zementsäcke schleppen verrichten. Die überharte Arbeit und der unmenschliche Lageralltag schwächten ihn nachdrücklich und ließen ihn erkranken.
Mit Räumung des Zuchthauses und seiner Außenlager vor der herannahenden Roten Armee Ende Oktober 1944 wurde André Duesberg auf einen mörderischen Todesmarsch zum KZ Groß Rosen in Niederschlesien gezwungen, den Hunderte seiner vornehmlich belgischen Leidensgenossen nicht überlebten, darunter er selbst und die vier oben genannten.
André Duesberg starb am 15. November 1944 im KZ Groß Rosen.

Gruppenzugehörigkeit:  Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Groß Strehlitz