Ortsbilder
Kunst im öffentlichen Raum
Einführung
Obwohl Hameln keine traditionelle Kunststadt ist, gibt es hier viele öffentliche Kunstwerke und dekorative Plastiken zu entdecken. Im Stadtgebiet finden sich auf Plätzen, in Parks und an Gebäuden über 50 Werke. Zuletzt sind so unterschiedliche Objekte wie der „Rattenfänger-Brunnen“ (Bruno Jakobus Hoffmann, 2001, Osterstraße) und „Rattus mobilis“ (Elena Glazunova, 2009, Insel an der Schleuse) hinzugekommen.
Die Techniken und Themen der in Hameln aufgestellten Werke sind sehr vielfältig. Ebenso unterschiedlich ist ihr künstlerischer Anspruch und damit auch der Rang, der ihnen aus kunsthistorischer Sicht zuzusprechen ist. Die meisten Werke stammen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Manche sind Teil der gesetzlichen Förderprogramme zur Kunst im öffentlichen Raum und wurden im Zusammenhang mit neu errichteten Gebäuden installiert. Zahlreich sind jedoch auch die Fälle, in denen die Aufstellung auf private Initiative zurückging.
Zu einer systematischen und gleichzeitigen Errichtung mehrerer Werke kam es im Zuge zweier von städtischer Seite organisierter Bildhauersymposien (1986 und 1992). Bei diesen Anlässen, die auf die Initiative der damaligen Oberbürgermeisterin Christa Bruns zurückgingen, wurden auch einige ungewöhnliche Standorte ausgewählt. Die Vielzahl der sonstigen Werke konzentrierte sich auf den Bürgergarten, die Altstadt und die sogenannte Weserpromenade zwischen der neuen Weserbrücke und der alten Eisenbahnbrücke.
So erfreulich die Vielfalt künstlerischer Arbeiten im Stadtraum ist, so bedauerlich ist teilweise deren aktueller Zustand. Viele Objekte haben keine Beschilderung mehr oder hatten diese nie. Es existiert auch keine öffentlich zugängliche Dokumentation der Werke. Die Anteilnahme der Bürgerinnen und Bürger an den Werken ist insgesamt gering. Dies fällt besonders dann auf, wenn Beschmutzungen oder Zerstörungen lange Zeit bestehen bleiben, weil die Säuberung oder Restaurierung aus der Bevölkerung nicht mit Nachdruck gefordert wird. Auch bei Neuaufstellungen, unzureichenden Restaurierungen oder gar dem Verschwinden von Werken findet kaum eine Debatte statt.
Als Beispiel für die Zerstörung eines Kunstwerks kann „Der Erwachende“ von Kurt Schwertfeger gelten. Die Skulptur aus dem Jahr 1962 war im Bürgergarten aufgestellt, bis sie eines Nachts von Unbekannten „enthauptet“ wurde. Einige Zeit später wurde das Kunstwerk aus dem Bürgergarten entfernt. Seine Fragmente sollen sich im Bauhof der Stadt Hameln befinden.
Die Schwierigkeiten der Restaurierung von Werken im öffentlichen Raum zeigen sich am Beispiel des „Balkenmanns“ von Ulrike Enders auf dem Wilhelmsplatz. Zum Bildhauersymposium 1986 war diese Arbeit entstanden und von der Stadt angekauft worden. Sie besteht aus Eichenbalken, die aus dem Abriss historischer Altstadthäuser stammen und hat somit einen unmittelbaren Ortsbezug. Über 20 Jahre lang hatte die ca. 4 Meter hohe Plastik auf dem begrünten Platz gestanden. Als die von der Witterung angegriffene Holzkonstruktion umzustürzen drohte, wurde sie sicherheitshalber „kontrolliert umgelegt“. Nach Angaben des Kulturbüros der Stadt Hameln wurde dann bei einem Ortstermin mit der Künstlerin die Art der Restaurierung besprochen. 2009 konnte das Werk wieder aufgestellt werden. Stabilisiert wird es nun durch eine Metallkonstruktion, die den künstlerischen Ausdruck des Werkes verändert. Aus Gründen der Sicherheit muss diese Einschränkung jedoch in Kauf genommen werden.
„Der Balkenmann“ auf dem Wilhelmsplatz, links Ende der 1980er Jahre, rechts 2010
(Fotos: Martin Hellmold)
Die Verschmutzung eines Werkes kann an der Betonplastik von Erich Lethgau vor dem Finanzamt in der Süntelstraße beobachtet werden. Seit vielen Jahren ist dieses Kunstwerk, das 1984 beim Neubau des Amtsgebäudes mit errichtet wurde, nicht mehr gereinigt worden. Die Oberfläche ist von Witterungseinflüssen und Beschmierungen verschmutzt, die farbige Gestaltung kann teilweise nur noch erahnt werden.
Die Betonplastik von Erich Lethgau, links Ende der 1980er Jahre, rechts 2010
(linkes Foto: Martin Hellmold, rechtes Foto: Bernhard Gelderblom)
Zustand im Jahre 2010 (Fotos: Bernhard Gelderblom)
Der Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln möchte die öffentliche Aufmerksamkeit für diese Werke verbessern und ein Forum der Diskussion über Kunst im öffentlichen Raum in Hameln und dem Landkreis Hameln-Pyrmont bieten. Als erster Schritt hierfür ist die Einrichtung eines Online-Werkarchivs geplant.
Autoren: Dr. Martin Hellmold und Edward Menking