Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
2. Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln
Todesorte 1 (in Hameln, in Holzen und auf Todesmärschen)
2.3.1 Todesmärsche
Von Hameln nach Holzen bei Eschershausen
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Unbekannte(r) Tote(r)
Zwei Männer, Italiener.
Nach dem Bericht des holländischen Marschteilnehmers Dirk Schortinghuis wurden zwei Italiener zu Beginn des Todesmarsches in Hameln vom begleitenden Wachpersonal erschossen, als sie zu fliehen suchten.
Unbekannte(r) Tote(r)
Zwei Männer, wahrscheinlich Franzosen.
Zwei namentlich nicht bekannte Gefangene wurden während des Marsches in Bereich der Gemeinde Dielmissen am 5. April 1945 vom Wachpersonal oder anderen bewaffneten deutschen Kräften umgebracht bzw. erschossen, nachdem ihre Flucht von der Marschkolonne von Dorfbewohnern verraten worden war.
Der eine erlag in einem örtlichen Kriegsgefangenenlager seinen Verletzungen, der andere wurde auf der Reichsstraße zwischen Dielmissen und Lüerdissen tot aufgefunden.
Die beiden Männer wurden auf dem Friedhof von Dielmissen bestattet, offenbar in der bereits vorhandenen Grabstätte eines polnischen Zwangsarbeiters. Die Grabstätte ist erhalten und mit einem Grabstein versehen, auf dem neben dem Namen des Polen die Inschrift „Unbekannte Tote“ steht.
van Megen, Josef (Sef)
Niederländer, wurde am 9. Dezember 1916 in Leunen bei Venray in Nordlimburg geboren. Der Schullehrer wohnte in Broekhuizen an der Maas nördlich von Venlo.
Sef van Megen gehörte dem katholischen Widerstand in der Grenzprovinz Limburg an. Im August 1943 wurde er verhaftet und über die Polizeigefängnisse in Maastricht und „Kamp Haaren“ zum Prozess nach Utrecht gebracht. Ein Gericht der deutschen Besatzungsmacht verurteilte van Megen wegen illegaler Tätigkeit zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe, die er im Zuchthaus Siegburg verbüßen sollte. Am 17. Juli 1944 wurde Sef van Megen jedoch erneut nach „Kamp Haaren“ verschleppt, um dort in einem zweiten Prozess wegen Fluchthilfe für französische Kriegsgefangene und abgestürzte britische Piloten zum Tode verurteilt zu werden. Sef van Megen gehörte einem großen Sammeltransport von NN-Gefangenen an, der am 29. Juli über Kevelaer das Zuchthaus Anrath erreichte. Am 5. September 1944 wurde van Megen in das Zuchthaus Lüttringhausen weiterverlegt.
Wie viele niederländische „Politische“ kam van Megen im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Remscheid-Lüttringhausen am 2. November 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Van Megen musste am 5. April 1945 am Todesmarsch vom Zuchthaus Hameln in das Zuchthaus-Außenlager Holzen teilnehmen. Bei Wegensen konnte er vor Erschöpfung der Marschkolonne nicht mehr folgen; daraufhin wurde Sef van Megen zusammen mit seinem niederländischen Leidensgenossen Louis Franzen und einem weiteren Niederländer – denunziert von Dorfbewohnern – von einer SS-Streife erschossen.
Sef van Megen wurde zunächst an Ort und Stelle begraben und im Herbst 1945 auf den nahen Gemeindefriedhof von Dohnsen umgebettet. Enge Freunde und Kampfgefährten, die überlebt hatten, überführten den Leichnam im Frühjahr 1946 auf eigene Faust in die Heimat. Auf dem Friedhof von Broekhuizen wurde ihm ein Grabstein gesetzt, der bis heute erhalten ist.
Sef van Megen erfuhr in der Provinz Limburg vielfältige Ehrungen; in Broekhuizen wurde eine Straße nach ihm benannt und die örtliche Schule, an der er unterrichtet hatte, trägt seinen Namen.
Der Amsterdamer Schriftsteller Eduard Veterman, der in Lüttringhausen mit van Megen in einer Zelle gesessen hatte, schreibt in seinen Erinnerungen:
'Nachdem ich nicht mehr allein in der Zelle saß, hatte ich das Glück Freunde zu haben. Ich denke an Sef van Megen, ein Volksschullehrer aus Limburg, imemr gute Laune, der leider kurz vor der Befreiung wegen Erschöpfung ums Leben kam und erschossen wurde.'