Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
4. Die Opfer unter weiteren Verfolgtengruppen
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Thie, Heinrich Friedrich Wilhelm
wurde am 12. Dezember 1858 in Salzhemmendorf geboren. Wie lange er in Salzhemmendorf wohnte, ist ebenso unbekannt wie seine Herkunftsfamilie.
Heinrich Friedrich Wilhelm Thie galt als psychisch krank; denn am 6. August 1943 wurde er aus einem Alten- oder Pflegeheim in Hamburg in die „Heil- und Pflegeanstalt“ Rickling im Kreis Segeberg in Schleswig-Holstein gebracht.
In der psychiatrischen Einrichtung des evangelischen „Landesvereins für Innere Mission“ starben extrem viele Insassen aufgrund von Unterversorgung.
Heinrich Friedrich Wilhelm Thie gehörte zu diesen „Euthanasie“-Opfern: Er starb am Kriegsende, am 7. Mai 1945, im hohen Alter von 86 Jahren in Rickling.
(vgl. www.hamburger-euthanasie-opfer.de)
Gruppenzugehörigkeit: Weitere Verfolgtengruppen
Wichmann, Christoph
wurde am 27. Februar 1934 in Dehmkerbrock im Landkreis Hameln-Pyrmont geboren.
Mit der Diagnose „Schwachsinn“ befand sich der Junge wohl seit 1838 in einer Anstalt der Inneren Mission in Rotenburg/Wümme.
Am 9. Oktober 1941 wurde Christoph in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg verlegt. In der dortigen „Kinderfachabteilung“ starb er am 15. Januar 1943, angeblich an „Grippe“ und „Luftröhrenentzündung“.
Nicht auszuschließen ist, dass der Junge zu den über 300 Kindern gehörte, die die Lüneburger Anstalt im Rahmen der Kinder-„Euthanasie“ als „lebensunwert“ durch die Gabe des Schlafmittels Luminol getötet hat. Wahrscheinlich aber ist Christoph zu den 100 Kindern zu zählen, die infolge von Mangel- oder Fehlversorgung umkamen.
Gruppenzugehörigkeit: Weitere Verfolgtengruppen
Wilkens, Hans
wurde am 9. Januar 1877 in Hameln geboren. Wie lange er in Hameln wohnte, ist ebenso unbekannt wie seine Herkunftsfamilie.
Hans Wilkens galt als psychisch krank galt; denn am 21. Mai 1941 wurde er aus einem Alten- oder Pflegeheim in Hamburg in die psychiatrische „Heilanstalt“ Zwiefalten in Württemberg gebracht.
Über Zwiefalten waren 1940 über 1000 Patienten in die Gaskammer der nahe gelegenen zentralen Euthanasie-Tötungsstätte Grafeneck geschickt worden. Ab 1941 wurde in Zwiefalten „dezentrale Euthanasie“ an Patienten praktiziert, laut Aussage eines Pflegers „mit Spritzen und Tabletten“.
Insgesamt wurde im Gefolge der Umwidmung in eine Einrichtung mit besonders schweren Pflegefällen und durch drastische Überbelegung bei gleichzeitiger katastrophaler Unterversorgung der Tod hunderter Patienten herbeigeführt.
Hans Wilkens gehörte zu diesen „Euthanasie“-Opfern: Er starb am 28. Februar 1944 im Alter von 67 Jahren und dürfte auf dem örtlichen Friedhof begraben worden sein.
(vgl. www.hamburger-euthanasie-opfer.de, www.dsk-nsdoku-oberschwaben.de und www.ns-euthanasie.de/index.php/zwiefalten).
Gruppenzugehörigkeit: Weitere Verfolgtengruppen
Windmüller, Anna
wurde am 9. Februar 1900 in Hameln geboren. Die Frau war jüdischen Glaubens und wohnte in Hameln.
Da sie geistig behindert war, kam sie später in die Pflegeanstalt Dr. Fontheim in Liebenburg.
Anna Windmüller gehörte zu den 148 psychisch Kranken und geistig Behinderten jüdischer Herkunft, die im September 1940 aus ganz Norddeutschland in die 'Heil- und Pflegeanstalt' Wunstorf gebracht wurden, um am 27. September 1940 in die „Heilanstalt“ Brandenburg/Havel deportiert zu werden; diese war seit Anfang 1940 eine „Tötungsanstalt“ der NS-„Euthanasie“, in der – nach NS-Definition – „lebensunwertes Leben“ in Gaskammern vernichtet wurde.
Anna Windmüller wurde noch am Tag ihrer Ankunft, am 27. September 1940, ermordet.
Gruppenzugehörigkeit: Weitere Verfolgtengruppen
Wolters, Werner
wurde am 1. Mai 1938 in Celle als Sohn des Landarbeiters Georg Wolter und seiner Frau Herta Henriette Anna geboren.
Die Familie zog kurz nach der Geburt nach Ahrenfeld im Landkreis Hameln-Pyrmont.
Werner wurde im Sommer 1939 im Alter von 15 Monaten nach einem Besuch im Hamelner Krankenhaus als „anstaltsbedürftig“ eingestuft; er galt als „schwachsinnig“ und „unterentwickelt“; auf ständige Aufsicht angewiesen, hindere er seine Mutter an der Arbeit.
Werner kam daraufhin in eine Anstalt der Inneren Mission in Rotenburg/Wümme. Diese hielt Werner für ein freundliches und zugängliches Kind, das nicht sonderlich „schwachsinnig“ sei; es scheine die Folgen einer schweren Rachitis überwunden zu haben und hole „versäumte“ Entwicklung nach.
Trotzdem wurde Werner – zusammen mit vielen anderen kleinen Patienten – am 10. Oktober 1941 in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg verlegt.
In der dortigen „Kinderfachabteilung“ starb Werner im Alter von vier Jahren am 15. September 1942. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gehörte er zu den über 300 Kindern, die die Lüneburger Anstalt im Rahmen der Kinder-„Euthanasie“ als „lebensunwert“ durch die Gabe des Schlafmittels Luminal ermordet hat.
Präparate von Werners Gehirn überließ die Anstalt zu Forschungszwecken der Universitätsklinik Hamburg, vermutlich wie Gehirn-Präparate von anderen Kindern im Zuge der NS-„Erforschung von erbkrankem Nachwuchs“.
Um den kindlichen Opfern wie Werner Wolters endlich eine würdevolle Bestattung zu geben, wurden am 25. August 2013 die sicher gestellten Präparate auf dem Lüneburger Nord-West-Friedhof bestattet.
Gruppenzugehörigkeit: Weitere Verfolgtengruppen