"Erinnerungsort Zwangsarbeit" am Weserufer in Hameln
Edmund Bednarek
Janina Bartos
Marija Sapliwaja
Marianna Matusiak
Merem Ibragimowa
Helena Wojcinska und weitere Kinder
Jozef Butniak
Kazimierz Wyszkowski
Ljudmila Boryskina
Jerzy Lewandowski
Monika Kicman
Leokadia Gawronska
Olga Barbesolle
Nastayia Antoniez
Marianna Matusiak
Marianna Matusiak, geb. 1930
Das Foto zeigt sie 1945 nach der Befreiung in der Linsingen-Kaserne in Hameln.
Marianna Matusiak (links) fungiert hier als Trauzeugin
bei der Hochzeit eines polnischen Brautpaares.
(Sammlung Gelderblom)
Aus Polen 1939 im Alter von 9 Jahren zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt,
musste sie bis Kriegsende auf Höfen in Grohnde, Bisperode und Aerzen Zwangsarbeit leisten.
Marianna Matusiak in einem Brief vom 4. Dezember 2002 an Bernhard Gelderblom:
"Wenn ich mich gut erinnere, dann hieß der erste Ort, zu dem wir kamen, Grohnde bei Hameln. Das war eine Gärtnerei und Landwirtschaft. Sie haben mich nicht zum Stecklingspflanzen genommen; der Tisch war zu hoch und ich war zu klein.
Der nächste Ort, zu dem sie uns gebracht haben, hieß Bisperode bei Hameln. Wiederum war ich zu klein, um in der Gärtnerei zu arbeiten.
Der dritte Ort war Aerzen bei Hameln. Dort habe ich alle Arbeiten gemacht, die in der Landwirtschaft anfallen, nur die Kühe habe ich nicht gemolken. Ich habe z.B. den Mist aus dem Stall entfernt, das Holz gehackt und den großen Hof gefegt und vieles mehr.
Diese Arbeiten machte ich hauptsächlich im Winter und im Sommer war ich auf dem Feld. Am schlimmsten war es im Herbst beim Ausmachen der Zuckerrüben. Die Rübenblätter waren morgens mit Tau belegt und meine Kleider wurden dadurch nass. Erst gegen Mittag trockneten sie an meinem Leibe, wenn die Sonne durchkam. Für mich war die Arbeit sehr schwer, weil die Rüben tief in der Erde steckten. Es ist für mich schwer, davon zu berichten.
In Aerzen war eine Kirche. Dort waren drei sehr große Birnbäume. Sie hatten aber sehr kleine Birnen, aber sehr schmackhaft. Das war das einzige Obst, das ich gegessen habe. Wenn es windig war, fiel so viel Obst herunter. Man konnte säckeweise sammeln. Ich ging jeden Morgen in eine Milchkanne sammeln. Manchmal sah mich der Pastor. Er drohte mit dem Finger, aber er war lieb zu mir und hatte stets ein Lächeln im Gesicht.
Der Pfarrer hat mich manchmal in der Kirche gesehen, obwohl es polnischen Leuten verboten war, da hin zu gehen. Dann habe ich gehört, dass er verheiratet war. Er hatte Frau und Kinder. Das hat mir sehr gut gefallen. So eine Religion fand ich gut. Er war für mich ein gutes Vorbild.
Ich wohnte drei Häuser weit von der Straße, auf der Ecke war ein Kino. Es war uns nicht erlaubt, dort hin zu gehen. Zweimal habe ich gesehen, wie man Polen aus dem Kino heraus führte. Unterdessen habe ich gebetet, dass mich keiner entdeckt. Ich konnte nur am Sonntag gehen. Sonst habe ich von 6 Uhr morgens bis 18 Uhr abends gearbeitet.
Am 23. April 1945 vormittags kamen amerikanische Soldaten in Aerzen mit Panzern die Straße entlang und befreiten uns.
Nach einigen Tagen brachte man mich in Hameln ins Krankenhaus. Ich hatte verletzte Beine. In den vielen Jahren der Zwangsarbeit hatte ich sehr schwer gearbeitet. Im Krankenhaus war ich etwa drei Monate, vielleicht mehr.
Meine Freundin besuchte mich im Krankenhaus und sagte mir, dass wir in die Kaserne in Hameln gebracht würden. Dort war die Sammelstelle für Ausländer. Die Blocks waren mit Städtenamen gekennzeichnet, wie z.B. Lwow, damit jeder Pole seine Stätte findet. Wir bekamen zu essen und anzuziehen. Die Aufsicht hatten die Amerikaner.
Ein polnischer Pfarrer eröffnete eine Schule dort. Etwa 30 Personen meldeten sich. Wir fingen an, Theater zu spielen. Wir machten Volkstänze und mussten viel üben. Ab und zu machten wir auch Sketche. Es war eine schöne und angenehme Zeit, verbunden mit viel lernen.
Ich hatte das Bedürfnis, nach Polen zurückzufahren. Als erste aber kamen Kinder, Ältere und Kranke in Frage. So blieb ich bis 1947."
Bearbeitung: Bernhard Gelderblom

